Ich habe ganz bewusst und provokativ diesen Titel gewählt, weil ich es nicht mehr hören/sehen kann, wie stillende Mamas sich als Opfer sehen. Jedes Jahr zur Sommerflaute liest man, dass eine arme Mama, die ihr Baby mit Nahrung versorgt aus einem Lokal geworfen wird oder einen Strafzettel in der Kurzparkzone bekommt. Ich möchte nicht alle stillende Mamas in einen Topf werfen, aber dieses Thema begleitet mich schon sehr lange und als nicht-stillende Mama bzw. kinderlose Frau darf man sowieso nichts negatives dazu sagen, sonst wird man gleich geköpft. Ich erlaube es mir nun etwas darüber zu schreiben – ich bin eine Mutter, die ihr Baby stillt und das auch in öffentlichen Bereichen. Ich kann sehr gut nachvollziehen, warum manche Menschen das Stillen in Öffentlichkeit als befremdlich empfinden.
Stillen ist mehr als nur eine Nahrungsaufnahme für ein Baby. Die WHO empfiehlt das Stillen bis zum 1.Lebensjahr und einige Quellen besagen, dass dieser Akt bis zum 2.Lebensjahr super wäre. Muttermilch baut das Immunsystem auf, spendet Trost, gibt Geborgenheit und stärkt die Bindung zwischen Mutter und Kind. Die pragmatischen Gründen liegen klar auf der Hand, man hat die Nahrung immer dabei und man muss das Essen nicht mühselig vorbereiten.
Ich bin mit meiner kleinen Tochter sehr viel unterwegs, habe in ihren ersten Lebenswochen versucht meine Erledigungen zu timen, damit ich nicht in die Verlegenheit komme sie in der Öffentlichkeit stillen zu müssen. Eines Tages habe ich es nicht vermeiden können und mein Baby hat mächtig hunger gehabt. Sie hat bitterlich geweint und der Weg nachhause hätte sicherlich 30 min gedauert. Mein erstes Mal war in einem Lokal – ich habe lange hin- und herüberlegt, wie ich mein Baby mit meiner Brust füttern soll. Meine Freundin, ebenfalls Mama, hat mich ermutigt es einfach zu tun. Nun ja, ich habe es einfach getan und ich habe mich unendlich unwohl gefühlt. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken, aber ernsthaft…das Restaurant war gerammelt voll, keiner hat Notiz von uns genommen – kein Gaffen, keine komischen Blicke, keine negativen Kommentare.
Warum wurde ich nicht als stillende Mama wahrgenommen? Ganz einfach – diesen heiligen Akt zwischen Mama und Baby habe ich versucht so intim wie möglich zu halten. Nicht aus Scham, sondern aus Respekt zwischen meinem Kind und mir. Das ist ein besonderer Moment zwischen uns beiden und da muss ich nicht meine nackte Brust zur Schau stellen. Wenn man als Außenstehender einen Blick auf uns werfen würde, dann könnte man meinen, dass ich ein schlafendes Baby in meinen Armen halte. Nora und ich haben noch nie ein Negativerlebnis gehabt und ich habe schon in vielen Lokalen mein Raubtier füttern müssen. Das Personal ist sogar sehr nett zu uns und wenn ich nach einer ruhigen Ecke frage, um mein Baby zu stillen, dann hat man uns immer ein nettes Plätzchen angeboten.
Viele Mamas pochen darauf ihr Baby immer und über all stillen zu können, dabei reißen sie das Oberteil von oben nach untern, zeigen ihre halbe nackte Brust und docken das Baby ohne wenn und aber an. Wenn man darauf komische Blicke oder gar negative Kommentare bekommt, soll man sich nicht darüber wundern. Für viele Menschen, besonders jene, die mit dieser Thematik nichts am Hut haben, wirkt diese Szene befremdlich. Es ist wie ein Unfall, man kann da gar nicht wegschauen.
Als ich noch auf der Uni studiert habe, habe ich mit einer Freundin vor dem Sekretariat gewartet. Ein Kleinkind von einer Kommilitonin hat viel Wirbel gemacht und ich weiß noch ganz genau, wie diese Kollegin plötzlich ohne Vorwand ihre Brust einfach ausgepackt hat, das Kind zu sich gerissen und gefragt hat:”Willst du Titti?” Ich fand das total komisch und auch heute als stillende Mama, kann ich diese Szene nicht gutheißen. Hinzu finde ich es super schräg, wenn Frauen Bilder mit ihren Babys bzw. Kleinkindern beim Stillen auf Facebook oder Instagram online stellen. Habt ihr überhaupt keinen Anstand? Natürlich kann man darauf stolz sein, aber muss man das so öffentlich tun?
Achja, ich finde es auch unheimlich nervig, wenn stillende Mamas Flaschenmamas als Rabenmütter bezeichnen. Stillen ist ein Privileg und ein wirklich heiliger intimer Moment zwischen Mama und Baby und das muss man nicht mit der Welt teilen.
Wie ist deine Meinung über das Stillen in der Öffentlichkeit?
Silberdistel says
Ein sehr schöner Beitrag. Ich habe auch schon mehrmals stillende Muttis in der Öffentlichkeit gesehen. Aber sie stillten den Hunger ihre Kindes auch eher sehr diskret – so wie Du.
Einen lieben Gruß von der Silberdistel
Billchen says
Sehr schön geschrieben. Ich finde wenn man das Stillen soweit wie möglich intim hält stört es niemanden und man sollte sich selbst auch nicht so sehr stressen. Leider machen das ja nicht alle so.
sophias.kleine.welt says
Ich habe zwar noch kein Kind, kann dich aber sehr gut verstehen. Ich finde stillen in der Öffentlichkeit auf keinen Fall schlimm.
Liebe Grüße
Sophia
http://sophiaskleinewelt04.blogspot.de/
Jenny says
Ein sehr gut geschriebener Beitrag Ich kann dich gut verstehen, auch wenn ich selbst noch keine Mama bin.
LG Jenny
jennyrockerbella.blogspot.de
Franzy says
Ich konnte leider nicht stillen, da ich keine gehaltvolle Milch produziert habe. Nach 10 Tagen musste ich auf die Flasche umsteigen, da mein Zwerg nur am weinen war und ständig hunger hatte. Ich finde es persönlich nicht schlimm wenn eine Frau in der Öffentlichkeit stillt. Es ist doch das normalste der Welt und sollte nicht so abwerten behandelt werden.
I need sunshine says
Obwohl ich selbst Mutter bin, habe ich zum Thema eigentlich gar nicht viel zu sagen. In meinem Umfeld ist das nie ein großes Thema gewesen. Habe also keine negativen Erlebnisse von anderen mitbekommen und zum Glück als nicht Stillende nie negative Kommentare anhören müssen.
Nadine von tantedine.de says
Ehrlich gesagt, nehme ich stillende Mütter selten wahr weil es mich auch gar nicht stört oder mir das Bild nicht fremd ist. Aber du hast schon Recht, dass es manchmal eher unangenehm ist, wenn man ‚ohne Vorwarung‘ eine nackte Brust am Nachbartisch sieht 😀 Nicht, dass ich prüde wäre aber ich glaube, dass du verstehst, was ich meine. Meine Schwester hat sich immer ganz dezent ein Tuch übergeworfen, sodass sie in Ruhe füttern konnte und es hat auch dann kener mitbekommen und geschaut. Aber ich glaube auch, dass ‚Blicke‘ normal sind, weil es ja etwas ist, was nicht soooo alltäglich ist, oder? Aber auch da gibt es Unterschiede zwschen Blicken und Blicken ;(
Ganz liebe Grüße
Nadine von tantedine.de
Katja von Schminktussis Welt says
Mich stört es nicht. Nehme es aber auch selten bewusst war .
Andrea says
Mir macht das echt nichts aus.
Lisa says
Ein interessantes Thema, habe ich mich noch nie wirklich mit beschäftigt. Aber ich teile deine Einstellung. Mach weiter so.
Liebe grüße Lisa
Pinkybeauty.de
Glam&Shine says
Ich nehme stillende Mütter in der Öffentlichkeit auch gar nicht wahr und wenn, ist es mir klar. Es ist das normalste auf der Welt wie z. b. einen Burger zu essen
Martina says
Hallo! Ein wirklich toller Beitrag, denn ich habe zum Thema Stillen die gleichen Gedanken wie du. Ich werde ja im Jänner zum ersten Mal Mutter und ich kann es mir überhaupt nicht vorstellen in der Öffentlichkeit zu stillen. Ich finde es sogar von Freundinnen befremdlich, wenn sie einfach das T-Shirt hochziehen, man die nackten Brüste stillt und das Baby dann nur dran nuckelt, obwohl es gar keinen Hunger hat, aber hat die intime Nähe zur Mutter sucht. Aber mit Intimität hat das leider nichts mehr zu tun! Ich bin schon gespannt, wie sich das Stillen bei mir entwickeln wird und welche Erfahrung ich dann sammeln darf!
Alles Liebe für dich und Nora, glg Martina